Alles ist hier anders
Mir war schon klar, daß in den Vereinigten Staaten manche Dinge anders sind als in Deutschland. Immerhin ist es ein ganz anderes Land, sogar ein anderer Kontinent. Allerdings dachte ich nicht, daß wirklich alles ganz anders ist als in Deutschland. Im Internet habe ich schon ganz viel über das Thema gelesen. Allerdings glaube ich, daß es auch davon abhängt, ob man in einer Großstadt wie San Francisco wohnt oder in einem kleinen Dorf auf dem platten Land.
Bei diesen "Auswanderer-Sendungen" wurde oft berichtet, daß die Einkäufe immer verpackt und zum Auto getragen werden. Das ist hier nicht so. Hier trägt jeder seine Tüte selber raus. Bei unseren ersten Einkäufen haben wir auf die Frage der Kassiererin immer eine braune Papiertüte genommen und anfangs wurden die Einkäufe darin verstaut. Eine Frau stand an der Kasse, eine andere hat die Sachen in die Tüte gepackt. Vielleicht ist es von Supermarkt zu Supermarkt verschieden oder es hängt davon ab, ob viele Kunden da sind. Mittlerweile haben wir zwei grüne Stofftüten von Whole Foods, die wir immer mit zum einkaufen nehmen. Es geht einfach sehr viel schneller, wenn Dirk bezahlt und ich die Einkäufe verstaue. So schnell wie bei unserem Rewe sind die Amerikaner nämlich nicht. Da wird erstmal getratscht, dann vielleicht nochmal gefragt, ob man eine Tüte möchte und dann packt die Kassiererin die Einkäufe in die Tüte. Oft ist nämlich nur eine Frau an der Kasse. Die machen sich da gar keinen Streß, auch wenn die Schlange an der Kasse immer länger wird. Alle Kunden warten geduldig. Keiner pöbelt oder quengelt und keiner versucht sich vorzudrängeln, wie ich das in Deutschland schon so oft erlebt habe.
Überhaupt ist einkaufen ein echtes Erlebnis. Es gibt hier keine Elektromärkte wie in Deutschland. Elektrische Zahnbürsten sind dann schon mal im Supermarkt zwischen Hundefutter und Babywindeln zu finden. Wo man einen Föhn oder Geschirrtücher kaufen kann, haben wir noch nicht herausgefunden. Unsere möblierte Wohnung ist sehr sparsam ausgestattet. Es gibt keine Putzmittel, keinen Staubsauer, keinen Besen und zum Geschirr spülen gibt es zwar Spülmittel, aber weder Schwammtuch noch Geschirrtuch. Wie soll man da sein Geschirr spülen? Es gibt auch kein Abtropfgitter für das Geschirr, wo man das nasse Geschirr einfach lufttrocknen könnte. Das ist alles nicht zu Ende gedacht. Zum Glück haben wir eine Spülmaschine, aber nur 2o Tabs für 43 Tage. Da werden wir wohl noch ein paar Tabs nachkaufen müssen. Die Menge an Geschirr, Besteck und Handtücher ist auch sehr begrenzt. Vermutlich kommt es nicht oft vor, daß jemand die Wohnung für mehr als zwei Wochen mietet.
Es gibt auch sowas ähnliches wie Rossmann mit Apotheke, wo man zusätzlich noch seine Rezepte für Medikamente einlösen kann. Da stehen die Schmerzmittel einfach so im Regal. Körnerbrötchen gibt es leider nur in einem Supermarkt. Dafür müssen wir immer quer durch die Stadt fahren, was zum Teil recht lange dauern kann. Wir nehmen dann immer alle Tüten mit und hoffen, daß das Regal bis zum nächsten Einkauf wieder aufgefüllt ist. Bisher hat das immer gut geklappt.
Oft wird auch gesagt, daß es so viele dicke Menschen in Amerika gibt. Das kann ich hier nicht bestätigen. Ich habe noch nie so viele Jogger und Radfahrer auf einem Haufen gesehen. Sicherlich gibt es hier auch fülligere Menschen, aber die meisten sind sehr schlank. Es gibt in San Francisco überall Bio-Lebensmittel zu kaufen, die natürlich dann noch teurer sind als die normalen Sachen. Die Auswahl ist enorm. Bei manchen Eisbechern steht die Kalorienanzahl groß auf dem Becher, was ich recht lustig finde. Es geht doch bei Eis in erster Linie um den Geschmack, um frische Früchte, um gute Zutaten, aber doch nicht, ob 3 kcal mehr oder weniger im Becher sind. Hier scheint das ein wichtiger Faktor zu sein.
Mittlerweile haben wir schon ein paar Wohnungsbesichtigungen hinter uns. Die Makler sind hier sehr viel kundenorientierter als in Deutschland. Natürlich wollen sie die Wohnungen so schnell wie möglich vermieten, damit sie ihre Provision bekommen. Das ist klar. Hier heißt es schnell sein, wenn eine Wohnung in Frage kommt. Die Objekte sind schnell wieder weg. In Hannover hatten wir jahrelang immer wieder die gleichen Angebote im Internet. In Deutschland ist es ja so, daß man schon ein paar Monate vor dem eigentlichen Mietbeginn nach einer neuen Bleibe sucht. Hier ist das komplett anders. Wer jetzt eine Wohnung sucht, will auch möglichst nächste Woche einziehen. Jetzt eine Wohnung für November zu mieten, ist so ziemlich unmöglich.
Die Steckdosen und Lichtschalter sehen aus wie aus den 50er Jahren, was auch total logisch ist, denn die meisten Häuser sind so alt. Altbauten sind hier wirklich alt. Bei den Neubauten gibt es auch große Unterschiede. Hochhäuser sehen sich eigentlich recht ähnlich. Da fragt man sich schon, warum es bei den Wohnungen so große Preisunterschiede gibt. Je neuer das Haus und je höher die Wohnung gelegen ist, desto teurer ist sie. Eine Wohnung war in einem Hochhaus von 2009, die andere von 2016 - dazwischen liegen Welten, in der Verarbeitung und natürlich auch im Preis.
Gewöhnungsbedürftig finde ich auch, daß es einen Wasserhahn für kalt und einen für warm gibt. Sie werden anders rum auf- und zugedreht als in Deutschland. Beim duschen ist das echt verwirrend, denn es gibt keine Markierung in welche Richtung man drehen muß. Am ersten Tag bin ich fast verzweifelt, weil die Temperatur nie lange so bleibt, wie man eingestellt hat. Mittlerweile drehe ich den heißen Wasserhahn bis zum Anschlag auf, warte ein paar Minuten und reguliere dann mit dem kalten Wasser nach. Das klappt so einigermaßen. Einhebelmischer, wie man sie aus Deutschland kennt, sind nur in den Neubauten zu finden und selbst da nicht immer. Dieser weiße Duschvorhang hat mich heute beim duschen "angegriffen". Vermutlich kam ein Luftzug irgendwo durch, was bei den undichten Fenstern und Türen nicht ungewöhnlich ist. Da hat sich doch der Duschvorhang so aufgebauscht und mich fast eingehüllt wie eine Mumie. Das klebte ziemlich gut, denn ich war gerade überall eingeseift. Sowas ist mir in Deutschland noch nie passiert. Na ja, machst du eine Reise, dann kannst du was erzählen...