Jahresrückblick

Das Jahr 2019 geht langsam zu Ende. Es ist sehr viel passiert in diesem Jahr. Es war eine unglaublich stressige und nervenaufreibende Zeit, eine Zeit der Veränderungen und des Neuanfangs. Es war ein Wechselbad der Gefühle.

Heute vor einem Jahr hatten wir gerade die ersten Stunden bei Berlitz hinter uns. Ich weiß noch, wie ich nach der ersten Unterrichtsstunde mit Alex dachte, ich würde das nie lernen. Sein neuseeländischer Akzent war einfach grauenhaft. Aber es wurde mit jedem Mal besser. Schließlich habe ich Level 3 mit "gut" und Level 4 sogar mit "sehr gut" bestanden. Darauf bin ich wirklich stolz. Allerdings habe ich auch jede freie Minute gelernt, habe alle Lektionen mehrfach durchgearbeitet, Vokabeln gepaukt wie eine Blöde und ich habe mir John Oliver angesehen, alle Folgen. Es war eine gute Entscheidung, nach dem ersten Kurs noch den zweiten anzuhängen. Es war aber auch sehr anstrengend und zeitaufwändig. An manchen Tagen habe ich nichts anderes gemacht als gelernt. Ich wollte gut vorbereitet sein, wenn wir in die neue Welt aufbrechen. Mitte Mai war dann alles überstanden. Das letzte Zertifikat kam einige Zeit später mit der Post.

Währenddessen war unser Visa-Prozeß in vollem Gange. Die Anwälte wollten jede Woche etwas anderes haben. Mal war es eine Übersetzung, mal eine Bescheinigung oder irgendwelche anderen Unterlagen. Immer wenn es hieß, es wäre fast alles fertig, kam eine neue Anforderung. Das ging so über einige Monate, fast ein Jahr lang. Aber irgendwann war dann alles eingereicht. Nun hieß es wieder warten.

Zwischenzeitlich mußten wir unseren neuen Mitarbeiter einarbeiten. Das war anfangs ziemlich zeitaufwändig. An manchen Tagen brauchte ich dreimal so lange für eine Sache als normalerweise und das ging dann auch über Monate so weiter. Stefan hat sich mittlerweile ganz gut eingearbeitet. Es gibt zwar immer noch Dinge, die er falsch macht oder einfach nicht wissen kann, aber es wird trotzdem immer besser. Für den täglichen Kundensupport und den Außendienst ist er Gold wert.

Am 1. August 2019 war es dann so weit, wir hatten endlich einen Termin zum Interview beim amerikanischen Konsulat in Frankfurt. Meine Güte, was waren wir aufgeregt. Da der Termin sehr früh war, reisten wir einen Tag vorher an und übernachteten im Hilton Frankfurt City Center. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Dirk war mindestens genauso aufgeregt wie ich. Zuerst mußten wir zu dem einen Schalter, dann durch die Sicherheitskontrolle (wie beim Flughafen), dann zum nächsten Schalter. Alle vor uns mußten hier ihre Fingerabdrücke abgeben, wir nicht. Wir waren verwirrt. Dann hieß es wieder warten, diesmal in einem anderen Wartebereich. Es sah aus wie eine Bahnhofshalle mit Sicherheitspersonal. Die zwei Antragsteller vor uns wurden abgelehnt. Ihre Gesichter sprachen Bände. Dann waren wir dran. Den dicken Leitz-Ordner mit den ganzen Unterlagen brauchen wir nicht. Es wurden einige Fragen gestellt über die Firma, über die Investitionen, über was nicht alles. Ich mußte nur zwei Fragen beantworten, soweit ich mich erinnern kann. Dann wurden die Fingerabdrücke von uns genommen. Die nette Dame am Schalter meinte dann, es dauert noch eine Weile und machte die "Sprechklappe" zu. Vermutlich wartete sie auf die Überprüfung der Fingerabdrücke. Der Hintergrundcheck sollte bei uns bereits vorher gemacht worden sein, denke ich mal. Keine Ahnung wie lange es gedauert hat, es fühlte sich lange an. Aber dann machte sie diese "Sprechklappe" wieder auf und sagte (natürlich auf englisch): "Ihr Visa wurde genehmigt." Ich guckte sie ein paar Sekunden an, bis ihre Worte im Kopf ankamen. Als ich realisiert hatte, was das für uns bedeutet grinste ich übers ganze Gesicht und bedankte mich gleich ein paarmal. Ich war überglücklich. Dirk ging es ganz genauso. Nach den vielen Hürden hatten wir nicht gedacht, daß wir gleich beim ersten Versuch Erfolg haben würden. Die Reisepässe wurden einbehalten, um das Visa dort einzukleben.

Eine Woche später fuhren wir dann nach Berlin und holten unsere Reisepässe ab. Erst im Auto warfen wir ein Blick aufs Visum: es wurde für fünf Jahre genehmigt. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Normalerweise wird ein Erstantrag für ein oder zwei Jahre genehmigt, wenn man Glück hat. Wir wußten beide nicht, daß es auch gleich für fünf Jahre genehmigt werden kann. Wir waren überglücklich. Die Rückfahrt war weniger schön. Ein Stau jagte den nächsten und haufenweise Baustellen, wo kein Bauarbeiter zu sehen war.

Nachdem wir nun unsere Visa in den Händen hatten, konnten wir den Flug buchen. Es ging nur eine Woche später wieder nach Frankfurt. Diesmal übernachteten wir im Hilton am Flughafen. So konnten wir am Tag vorher die Koffer einchecken. Der Flug ging am Samstag (17.08.2019) von Frankfurt nach San Francisco und ich war sowas von aufgeregt. Das war mein erster Langstreckenflug. Es war wesentlich langweiliger und anstrengender als ich mir vorgestellt hatte. Zum Vielflieger werde ich wohl nicht.

Die ersten Tage in San Francisco waren einfach grauenhaft für uns. Zum einen litten wir unglaublich unter Jetleg, zum andern war einfach nichts, wie wir es erwartet hatten. Wir waren sogar so weit und hatten uns überlegt, ob wir überhaupt die geplanten sechs Wochen durchhalten würden. Es wurde schlagartig besser, als wir die Espressomaschine hatten. Darüber hatte ich ja schon ausgiebig berichtet. Wir haben mit der Zeit herausgefunden, wo man was kaufen kann. Die Supermärkte sind nicht so wie wir es aus Deutschland kennen. Aber auch das haben wir gemeistert. Wir fühlten uns wohl und guckten uns nach einer Wohnung um. Das war auch wieder so eine Sache, die anders ablief als geplant. Wenn man hier nicht sofort nach der Besichtigung sagt, daß man die Wohnung haben will, hat man Pech gehabt. Entweder man nimmt die Wohnung sofort und zahlt auch sofort oder sie ist weg.

Ende September bekamen wir die Schlüssel für unsere neue Wohnung, ein paar Tage später wurden die Betten, der Eßtisch und die Stühle geliefert. Wir schliefen drei Nächte in der neuen Wohnung und dann ging es zurück nach Deutschland. Durch unseren Urlaub ist einiges liegen geblieben, was Dirk noch erledigen mußte. Der Jetleg erwischte uns natürlich wieder. Diesmal dauerte es fast zwei Wochen, bis wir wieder einigermaßen "normal" waren.

In zwei Monaten räumten wir alles auf, lagerten ein, schmissen Dinge weg, putzten alles und sortierten schließlich die Dinge, die wir mitnehmen wollten nach Luftfracht und Seefracht. Die Firma lief derweil weiter. Dirk flog in die Schweiz, um einen neuen Kunden zu gewinnen und ich packte haufenweise Kartons. Irgendwann war auch da alles überstanden. Von den vielen Problemen währenddessen habe ich auch schon berichtet. Wir waren beide nervlich ziemlich angespannt.

Am 6. Dezember 2019 ging es dann wieder nach Frankfurt. Wir aßen abends wieder im Paulaner, übernachteten im Hilton am Flughafen und am nächsten Tag ging der Flug nach San Francisco. Es fühlte sich irgendwie komisch an, Deutschland für lange Zeit zu verlassen. Auf der anderen Seite freuten wir uns, daß der ganze Streß überstanden war und wir endlich zur Ruhe kommen würden. Wir haben es wirklich geschafft!

Mittlerweile leben wir seit über drei Wochen in unserer neuen Wahlheimat und wir fühlen uns pudelwohl. Perfekt ist es noch nicht, aber die Wohnung nimmt Gestalt an. Die Luftfrachtsachen kamen gestern an. Seitdem läuft der Geschirrspüler ständig, denn das ganze Geschirr kann ja so nicht in den Schrank eingeräumt werden.

Die ganze Küche ist voll mit Küchenkram.
Da wird gerade mein Computer eingerichtet.
Das sieht schon wohnlicher aus.
Neue Nudelgerichte dürfen auch nicht fehlen.
Das letzte Frühstück des Jahres.

Heute Mittag kam noch ein Pärchen vorbei und hat unsere leeren Umzugskartons mitgenommen. So müssen wir sie nicht entsorgen. Wir mußten noch einkaufen und hatten natürlich auch bei der Rückfahrt wieder "viel Freude" mit dem verwirrten Navi. In neuen Jahr werden wir uns dann wirklich mal nach einem eigenen Auto umsehen. Auf Dauer nervt das schon sehr, nicht nur Dirk.

Wir lassen die letzten Stunden des Jahres ruhig ausklingen. Die Zutaten für Chili con Carne sind eingekauft und um Mitternacht gibt es hier ein großes Feuerwerk. Aber das ist dann ein anderer Post...